Unterkirnach - Wo Brauchtum gepflegt wird
Es klappert die Mühle am rauschenden Bach ...
Wie überall im Schwarzwald klapperten die Mühlräder auch auf der Gemarkung Unterkirnach. Mehr als 20 Mühlen waren ehemals in Betrieb. Nach und nach verfielen diese historischen Gebäude, so gab es bald keine Mühlen mehr.
Man machte sich auf, in einer anderen Schwarzwaldgemeinde nach einer alten Mühle zu suchen. In der Gemeinde Todtmoos wurde man auf einem Bauernhof fündig. Von 1995 – 1997 wurde die in Todtmoos erworbene Mühle liebevoll restauriert und an der Kirnach, mitten im Dorfkern, errichtet. Der Mühlenplatz entstand und die Mühle erhielt ihren heutigen Namen „Kirnachmühle“.
Im Obergeschoss der Kirnachmühle gibt es eine urgemütliche Mühlenstube. Sie kann für Veranstaltungen angemietet werden. Viele Brautpaare haben sich in diesen historischen und romantischen Räumen trauen lassen.
Veranstaltungen rund um und in der Mühle (Backen mit dem Mühlenbeck, verschiedene Mühlenführungen und Mühlenfest) finden Sie in unserem Veranstaltungskalender. Weiter zum Veranstaltungskalender
Kultur unter freiem Himmel
In den Sommermonaten finden in dieser am Schlossberg gelegenen Freihlichtbühne öfters Musikkonzerte und kleine Feste oder Theateraufführungen statt. Kulturgenuss pur.
Katholische Kirche St. Jakobus
Unterkirnach und der Nachbarort Vöhrenbach liegen beide am Jakobsweg. In der Unterkirnacher St. Jakobus-Kirche erinnert die farbige Holzfigur des Apostels Jakobus mit der Jakobsmuschel am Hut an diesen uralten Pilgerweg. Die erste Kapelle in Unterkirnach wurde 1650 von den hier ansässigen Zisterziensermönchen an der Stelle des derzeitigen Rathauses erbaut, deren Grundstein ist im Flur des Rathauses eingemauert. 1714 brannte dieses Kapelle ab und 1715 entstand an der Stelle der heutigen Kirche die erste Kirche Unterkirnachs. Von weither sichtbar erhob sich über dem Langhaus ein Reiterturm. Trotz der Schlichtheit des Bauwerks war der Innenraum geprägt durch den Formenreichtum der Barockzeit. Im Frühjahr 1902 begannen die Abbrucharbeiten, da man ein stattlicheres Gotteshaus, das Platz für mehr Gläubige hatte, haben wollte.
Am 23. Juni 1907 fand die Einweihung der heutigen, neugotischen St. Jakobus-Kirche statt. Die Neu-Ausschmückung der Kirche mit Farbfenstern, nach der Zerstörung der alten Fenster Ende des 2. Weltkrieges, erfolgte in 2 Zeitstufen. Die Fenster des Chorraums wurden vom Glasmaler Maximilian Bartosz (1913 - 2000) in Glasschnitttechnik geschaffen. Die Fenster im Kirchenschiff gestaltete Jahre später der Künstler Valentin Feuerstein (1917-2000) in einer alten Technik, in der durchgefärbte Glassegmente bemalt wurden. Heute noch sind diese Fenster in der Kirche zu bewundern. Dazu auch die Figur des Apostels Jakobus, eine Arbeit des Villinger Meisters Metzger. Im rechten Seitenschiff fällt eine Darstellung des Hl. Wendelins auf, vermutlich ein Werk der Schnitzerfamilie Faller aus St. Peter. Die Figur des St. Wendelins stammt noch aus der Vorgängerkirche und ist das älteste Kunstwerk in unserer Kirche.
Historische Musikinstrumente mit grandioser Technik - Orchestrionmuseum
Orchestrion - In Unterkirnach steht die Wiege eines ganz besonderen Musikinstrumentes. Das Orchestrion, Urgroßvater des heutigen MP3-Players.
Carl Blessing-Gedenkstein
Carl Blessing, der Urvater des Schwarzwälder Orchestrionbaus, war ein Tüftler. Der Schwarzwald ist voll davon, aber Carl Blessing hatte ganz besondere Talente. Im Jahr 1769 wird Carl Blessing in Unterkirnach geboren, lernt Holz kunstvoll zu bearbeiten und stellt zusammen mit seinem jüngeren Bruder Martin Drehorgeln her, repariert kleine Musikwerke und verbessert ständig deren Mechanik. Die mechanischen Musikwerke steckt Carl Blessing in immer größere Gehäuse. Sein letztes Werk, das erste Schwarzwälder Orchestrion, baut Carl Blessing 1820 kurz vor seinem Tode. Unangefochten gilt Unterkirnach heute als die Wiege des Schwarzwälder Orchestrionbaus. Zu verdanken ist dies in hohem Maße der Unterkirnacher Unternehmersfamilie Blessing. Die Gemeinde Unterkirnach hat Carl Blessings Grabstein als Gedenkstein vom Tannheimer Steinbildhauer Humbert Müller restaurieren lassen und ihn gegenüber dem Eingang des Bürgerhauses zur Erinnerung aufgestellt.
Die Anfänge.
Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wurden im Schwarzwald Uhren, meist in Heimarbeit und fast ausschließlich mit Gewichtsantrieb und hölzernen Platinen, hergestellt. Ein anfänglich erfolgreiches Geschäft, das den meisten Uhrmachern zu einem gewissen Wohlstand verhalf, jedoch mussten sich die Schwarzwälder Uhrenproduzenten in späteren Jahren den Geschmackstrends des Marktes anpassen. Und so kamen bereits 1750 die ersten Uhren mit Kuckucksmechanik auf den Markt. Einmal auf die Idee mit der Kuckucksmechanik gekommen, entstanden auch andere einfache Automaten, Figurenuhren genannt. Für den Ideenreichtum der Schwarzwälder Uhrmacher gab es kaum Grenzen. Sie ließen ihre auf den Uhren angebrachten Figuren Knödel essen, Liebespaare mit den Augen rollen oder Ziegenböcke mit den Köpfen zusammen stoßen. Ebenso wurden die Figurenuhren mit Musikwerken gekoppelt, wie Glasglockenspielen, Flöten oder Harfen. Große Spieluhren wurden wenig später durch besonders qualifizierte Meister entwickelt und meist nur auf Bestellung gefertigt. Aber die Auftragslisten wurden länger und länger. Und so trennte sich Anfang des 19. Jahrhunderts der Musikwerkbau von der Uhrmacherei und machte mit großem Erfolg eigenständig weiter.
Das Orchestrion.
Bereits ab 1820 kamen dann förmliche ‘Musikschränke’ auf den Markt, die mehrere Instrumente und Klangkörper, wie Trommeln und dergleichen enthielten und die man als ‘Orchestrion’ bezeichnete. Entwicklung und Bau dieser ‘Orchestrien’ erforderte nicht nur ein gewisses handwerkliches Geschick und Kenntnisse der Mechanik sondern auch Musikalität. So arbeiteten viele der frischgebackenen Orchestrion-Bauer mit bekannten Komponisten zusammen, wie etwa mit Konradin Kreutzer aus Meßkirch, der von 1817-1822 als Kapellmeister und Chordirigent am Fürstlich Fürstenbergischen Hofe in Donaueschingen in Diensten stand. Bis weit in das 20. Jahrhundert war der Handel mit Orchestrien ein stetig wachsender Geschäftszweig. Arbeitsteilung wurde notwendig und so entstanden ziemlich rasch klassische Zulieferbetriebe, die kürzere Produktionszeiten ermöglichten. So wurden jetzt die Orchestrienschränke von Möbelschreinern hergestellt, aber auch Bälge, Holzpfeifen, Schallbecher, Laufwerke, Stiftwalzen und Einbauklaviere wurden bei Zulieferern in Auftrag gegeben.
Eine Unterkirnacher Erfolgsstory.
Unangefochten gilt Unterkirnach heute als die einstige Wiege des Schwarzwälder Orchestrionbaus. Zu verdanken ist dies dem Unterkirnacher Carl Blessing, der bereits 1820, kurz vor seinem frühen Tod, ein erstes kleines Orchestrion baute. 1831 vollendete sein Bruder, Martin Blessing, nach drei Jahren Arbeit, das erste große Orchestrion. Mit seinen 164 Pfeifen, 15 Registern, mit einer großen Trommel und einer Triangel ausgestattet, entsprach es damals schon weitestgehend den großen Musikschränken kommender Jahre. Begabte Jugendliche wurden von Martin Blessing in 5 bis 7 Jahren zu Musikwerkbauern ausgebildet. Mit der Folge, dass sich der Orchestrionbau in den nächsten Jahren von Unterkirnach aus nach Vöhrenbach und Furtwangen ausdehnte. Im Laufe der Zeit folgten Villingen, Schonach und Schönwald.
Ergänzend zur Ausbildung in den Werkstätten wurden im Jahr 1869 Musikschulen in Unterkirnach, Furtwangen und Vöhrenbach und 1874 in Villingen gegründet. Hier wurden die Lehrlinge abends und kostenfrei in Harmonielehre, Instrumentation und Kontrapunkt ausgebildet. Zudem erlernten sie noch selbst das Spielen eines Blasinstrumentes. In der Folge gründete Hubert Blessing (Abb.), der spätere Firmenchef (damals gerade 16 Jahre alt), 1839 eine Musikkapelle, die – für die damalige Zeit ungewöhnlich – mit Blasinstrumenten besetzt war, ‘Türkische Musik’ genannt wurde und als Keimzelle des heutigen ‘Musikvereins Unterkirnach’ gilt. Denn aus dem damals kleinen Orchester entwickelte sich über die Feuerwehrkapelle der spätere ‘Musikverein Unterkirnach e. V. Damit besteht dieser Unterkirnacher Traditionsverein seit 1839 ununterbrochen bis heute.
Der Niedergang.
Nach 1880 verschlechtert sich der Absatz der Schwarzwälder Orchestrien vor allem auf dem Auslandsmarkt. Die Herstellung von Orchestrien in Fabriken wie Wurlitzer in den USA begann und die Preise sanken. Der erste Weltkrieg trug sein Übriges zum Untergang der Orchestrien bei. In den Orchestrionwerkstätten Unterkirnachs wurden ab 1915 Teile für Granatzünder und Munitionskästen gebaut. Auch das ab 1925 aufkommende Radio gab den Orchestrienbauern den Rest. Das Radio-Repertoire ist immens und stets auf dem neuesten Stand der Mode. Die Weltwirtschaftskrise besiegelte nach dem Kurssturz an der New Yorker Börse 1929 und der nachfolgenden Massenarbeitslosigkeit den Niedergang der Orchestrienhersteller vollends.
Nähere Informationen erhalten Sie beim Verein für Heimat- und Orchestriongeschichte.